Mindset

Mindset ist wichtig. Eine Antidote zu Change (3/4)

Dritter Teil der Serie „Eine Antidote zu Change Management“. Dieses Mal im Fokus: Das Mindset

These: Mindset ist wichtig

Die meisten Change Initiativen scheitern. Doch warum ist das so?

Wenn alles nicht hilft, dann ist das Mindset der allseits anerkannte Grund. Kein Wunder, denn spätestens wenn man sich in dieser gedanklichen Schleife befindet, weiß niemand mehr worum es eigentlich geht. Mindset als Generalausrede und Beweis der Verantwortungslosigkeit – sowohl der Berater:innen, als auch des Führungsteams. Schließlich sind ja die anderen Schuld.

Der Vorwurf (und nichts anderes ist das fehlende Mindset) adressiert nicht mehr die Handlung, sondern die Identität. Die Frage ist nicht mehr „was habe ich getan?“, sondern „bin ich noch richtig?“. Das ist übergriffig und hat am Arbeitsplatz nichts verloren.

Abgesehen davon ist das Konzept des Mindsets schon längst überholt. Die Überzeugung, dass Vernunft (also der Kopf und seine „mentalen Modelle“) die Maxime unserer Handlung sei ist widerlegt. Entscheidungsfindung ist eine verteilte Funktion des Körpers. Nicht das Gehirn, sondern die Hand reagiert auf die heiße Herdplatte. Der Kopf evaluiert in diesem Fall nur noch. Leitendes Prinzip: verteilte Entscheidungsfindung, zentrale Koordination.

Bekannt ist mittlerweile, dass wir nu ca. 3-5% der zur Verfügung stehenden Daten über unsere Sinnesorgane scannen. Das ist der maximale Anteil, den wir berücksichtigen, und er löst eine Reihe von Erinnerungen aus: kognitive, physische und soziale, meist in Form von Geschichten, die wir von anderen Menschen gehört haben. Wir vermischen diese miteinander und das erste passende Muster, das wir finden, wenden wir an und handeln entsprechend (first pattern match). Dementsprechend sind Muster, die in der nahen Vergangenheit entstanden sind, dominant.

Die gute Nachricht ist, dass es in diesem Bereich noch viel zu entdecken gibt. Die schlechte ist, dass wir nicht sehen, was wir nicht sehen wollen. Oder anders ausgedrückt: Wir sehen nicht, was wir nicht erwarten zu sehen. Daher ist das Führungssystem tatsächlich wichtig. Du kannst die begabtesten Führungskräfte, die motiviertesten Menschen und die besten Mindsets haben, aber die Realität ist, wenn du keine passenden Rahmenbedingungen geschaffen hast, wirst du als Organisation nicht überleben. Und in komplexen Umgebungen ist es viel wichtiger, wie Menschen miteinander in Verbindung treten, als das, was sie sind.

Fun Fact: In China und Japan kann der maximale Anteil der gescannten Daten doppelt so groß sein. Die Vermutung ist, dass es an der Sprache liegt. Sino-tibetische Sprachen sind im Gegensatz zu romanischen Sprachen verbindend und nicht kategorisierend. Tonalität, Satzstellung und Logographie sind entscheidend für die Bedeutung eines Wortes und eines Satzes. Doch dazu in einem anderen Post mehr.

 

Jedenfalls würde sich die Diskussion um Mindset nicht so hartnäckig halten, wenn es nicht auch eine Funktion erfüllen würde. Die Kommunikation um „Mindset“ versucht eine Lücke zu schließen. Nämlich die, dass zunehmend unternehmensweite „Transformationen“ angestoßen werden, diese dann scheitern und es dafür einen Grund braucht. Ich schlage ein Alternative vor: Unpräzise Problembeschreibung.

Keine Intervention ohne Problemverständnis könnte auch ein leitendes Prinzip lauten. Denn jeder weiß: Es braucht eine Alternative, um ein bekanntes Muster durch ein Neues ersetzen zu können.

Das wiederum beschreibt einen Zustand in der Gegenwart und nicht in einer idealisierten Zukunft. Veränderung entsteht nur aus dem Leidensdruck der Gegenwart. Dieser muss wahrgenommen werden können, sonst reicht die hypothetisch bessere Zukunft nicht aus, um die negativen Gefühle auszuhalten, die zweifelsfrei mit der Veränderung einhergehen. Diese Unsicherheit kann durch Sinn zumindest teilweise kompensiert werden. Aber woher kommt dieser Sinn? Müssen Organisationen Sinn versprechen? Ich sage nein! Müssen sie nicht und können sie vor allen Dingen nicht, weil Sinn hoch subjektiv ist. Die Verantwortung den Sinn im Unsinn zu finden ist jedem selbst überlassen. Das mag von Weiterentwicklung, Anerkennung, Lob, Stress, Status bis hin zum Klimawandel reichen. Jeder darf seinen Sinn bestimmen. Um das aber tun zu können, muss der Beitrag zum relevanten Problem erkennbar sein. Hier schließt sich der Kreis. Der Grund muss klar sein! Und wie man nun erahnen kann, hat auch das nichts mit Mindset zu tun.

Mehr zu dem Thema auch in meinem Podcast auf Spotify oder Apple Podcast und überall wo es sonst Podcasts gibt.

Foto von Annie Spratt auf Unsplash

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